Mit der Geburt eines Kindes kehrt das pure Beziehungsglück in jedes Haus – so die landläufige Meinung. Doch scheinen Paare mit dieser Umbruchssituation nicht immer leicht fertig zu werden. Wenn ein Kind in die Familie kommt, ändert sich vieles. Wie man trotz allem und mit Kind eine gute Beziehung führen kann, ist wichtig für den Familienerhalt.

Aus Paaren werden Eltern. In dieser Zeit ist es besonders wichtig, darauf zu achten, dass die Paarbeziehung nicht auf der Strecke bleibt. Das Kind steht leicht im Zentrum der Aufmerksamkeit – und muss das auch. Trotzdem lohnt es sich, darüber nachzudenken, wie genügend Kraft und Zeit für die Paarbeziehung bleiben. Nur die Sicherung dieses Kontakts sichert eine langfristig stabile Familie.
Übrigens: Wenn Partner Probleme haben, werden Kinder schwierig. Den umgekehrten Fall gibt es viel seltener. Paare bekommen keine Probleme, weil Kinder schwierig sind. Eher ist die Beziehung das schon vor der Geburt.

Mögliche negative Veränderungen

Die Geburt des ersten Kindes bringt keinesfalls nur kurzfristige Veränderungen mit sich. Die Partner fühlen sich zuerst in ihrer Autonomie beeinträchtigt. Sie fühlen, dass ihre Selbstständigkeit abnimmt. Dann können die positiven Gefühle füreinander nachlassen, die Liebe nimmt ab. Die Beziehung wird als unbefriedigend erlebt, weil weniger Zeit miteinander kommuniziert wird, Emotionalität seltener gezeigt wird und weniger Sex stattfindet. Schließlich kommt es zu Konflikten, die wenig ausgetragen oder aber vermieden werden.
Die Veränderungen sind unabhängig von den Temperamentsmerkmalen der Kinder. Selbst „Schreikinder“ ruinieren keine Beziehung bzw. Ehe. Umgekehrt rettet auch kein „einfaches“ Kind eine Beziehung. Kinder als „Beziehungskit“ zu sehen, ist ein auswegloses Unterfangen.
Sicherlich gibt es Faktoren, wie z. B. die häufige Krankheit des Kindes, die zusätzlich belasten. Väter leiden darunter sogar häufiger. Die Mutter fühlt sich missverstanden und weniger unterstützt, wenn der Väter ihr die Zuneigung bei besonderen Belastungen versagt.
Auch unterschiedliche Vorstellungen in der Erziehung können andauernder Konfliktstoff sein. Väter fühlen sich z. B. von der Mutter-Kind-Allianz ausgeschlossen. Die „Elternallianz“ leidet darunter, wenn Konflikte nicht ausgetragen werden.

Risiko- und Schutzfaktoren

Die Ausgangsbedingungen vor der Elternschaft sind entscheidend, welche Wege ein Paar einschlägt. Allgemeine Beziehungskompetenzen, eine glückliche Partnerschaft mit viel Zugewandtheit und ein mittleres Maß an Selbstständigkeit, bei der die Partner sich nicht einengen, sind die besten Voraussetzungen für eine weiterhin gute Beziehung.
Das Partnerschaftsglück wird auf Dauer umso besser aufrechterhalten, je besser sich die Paare vor der Partnerschaft schon verstanden haben. Lieben sich die Paare vorher schon wenig, geht die Schere immer weiter auf in Richtung Probleme. Diese Verschlechterung der Paarbeziehung kann von Jahr zu Jahr zunehmen.
Aber viele Paare bekommen im vierten oder fünften Lebensjahr des Kindes noch die Kurve. Auch wenn sie nicht das Ausgangsniveau an Zuneigung wie vor der Partnerschaft erreichen, finden sie doch Wege, wie die Beziehung weiterhin funktioniert. Das sind meist die Paare, die sich gegenseitige Freiräume und eigene Bereiche zugestehen. Ein gewisses Maß an zugestandener Autonomie scheint eine der besten Voraussetzungen zu sein, damit eine Beziehung anhält.
Es gibt geschlechtstypische Unterschiede: Fühlten sich Männer schon vor der Geburt eingeengt, werden sie im Lauf der Zeit zynisch. Sie ziehen sich zurück, was die Partnerin als besonders destruktives Verhalten empfindet. Wenn Frauen in der Schwangerschaft mit wenig Zuwendung des zukünftigen Vaters verbringen, belastet das die Beziehung nachhaltig für die nächsten Jahre. Dies empfindet der Vater wiederum als belastend.

Ausweg aus dem Dilemma

Gerade wenn man um die Risiken weiß, kann man gut auf sie Einfluss nehmen. Hier finden sich ein paar Tipps, wie sich Eltern schon vor der Geburt auf den neuen Lebensabschnitt vorbereiten können:
Von Thurmair, Engl & Hahlweg (1995) gibt es ein partnerschaftliches Lernprogramm, in dem Paare ihre Kommunikationsfähigkeit trainieren können. Sie erhalten wertvolle Hinweise zur Partnerschaftspflege.

  • Förderung der Autonomie, also der Selbstständigkeit beider Partner scheint gerade in unserer heutigen Zeit unumgänglich zu sein. Beide Partner brauchen Freiräume, wo sie eigene Interessen und Freundeskreise pflegen können, wo sie zumindestens kurze Auszeiten von Kind und Partner haben.
  • Babysitter und Putzhilfen sorgen z. B. auch dafür, dass es Freiräume für das Paar als Paar gibt, wo man in Ruhe reden kann und Zeit für Zärtlichkeiten hat. Diese Zeiten sollte man sich finanziell gönnen. Mal hart gesagt: Eine Scheidung wird schließlich teurer.
  •  Erziehungskompetenzen sollten frühzeitig erworben werden. Wenn man genau weiß, wie man sein Kind z. B. am besten beruhigt, bekommt man Selbstsicherheit in der Erziehung. Die „Elternallianz“ sollte zudem gestärkt werden. Durch die gegenseitige Unterstützung bei der Erziehung fällt diese wesentlich leichter, als wenn beide nicht am gleichen Strang ziehen.

Bildquelle: Eltern brauchen Freiräume