Die Pubertät der Kinder ist eine Zeit, der viele Eltern mit Unbehagen entgegensehen. Es ist eine Periode mit notwendigen Konflikten. Eltern wie Kindern müssen in dieser Phase lernen, eine Balance zwischen Grenzen und Freiräumen zu halten. Für die Eltern besteht die besondere Herausforderung darin, ihre Kinder gleichzeitig loszulassen wie auch Halt zu geben.

Die Pubertät als Zeit der Ablösung ist mit besonderen Auseinandersetzungen verbunden. Aber diese Phase ist nicht eine einzige Krisenzeit. Entwicklung und Ablösung der Jugendlichen sind wichtig für Ihr Erwachsenwerden. Ihr Kritikbewusstsein wächst insbesondere gegenüber den Eltern und ihrer sonstigen Umwelt. Diese Reifung macht sie zu interessanten, unabhängigen Persönlichkeiten. Sie nähern sich der Welt der Erwachsenen spürbar an.
Patentrezepte für den Umgang in dieser Zeit gibt es nicht. Jugendliche reagieren sehr unterschiedlich. Ihr Verhalten ist Ausdruck ihrer Persönlichkeit, die sie zeigen und entwickeln möchten.

Typische Verhaltensweisen – ein Beispiel

Wenn eine Pubertierende ausschließlich in ihrem Zimmer hockt, sich die Haare schwarz färbt und mit den Eltern kaum noch sprechen möchte, heißt das nicht in jedem Fall, dass es ihr schlecht geht. Sie zieht sich einfach zurück in die „Höhle“ – eine ganz typische Verhaltensweise in der Pubertät. Heranwachsende im Alter von 10 bis 13 Jahren sind besonders verletzlich und dünnhäutig. Wie ein Hummer ziehen sie sich in ihre „Höhle“ zurück, um sich zu entwickeln. Wenn sie herauskommen und sich durch andere gereizt fühlen, wehren sie sich.

Streit ist an der Tagesordnung

Pubertierenden es in allen Punkten recht zu machen, ist für die Eltern unmöglich. Sie können manchmal großzügig sein, müssen aber auch mit Strenge vorgehen. Regeln werden aufgestellt und gebrochen. Dadurch gibt immer und immer wieder Diskussionen über verschiedenste Themen des Zusammenlebens. Das ist für beide Seiten oft mit heftigen Gefühlen verbunden.
Um unabhängig und selbstständig zu werden, müssen sich die Jugendlichen von den Eltern als wichtigste Bezugspersonen lösen. Deshalb verhalten sie sich oft abweisend, gleichgültig und setzen sie mit demonstrierter Gleichgültigkeit herab. Nach Einschätzung von Psychologen ist diese Aufsässigkeit und Rebellion gegen die bisherigen Normen gesund.
Gestresste Eltern sollten sich darüber im Klaren werden, dass Streit gesund ist. Sie sollten in jedem Fall die Gesprächsbereitschaft aufrechterhalten und Halt anbieten. Experten befürworten kurze und präzise Gespräche, statt ausufernder Diskussionen, wo Standpunkte klar und deutlich vermittelt werden. Die Jugendlichen ernst nehmen in ihren Sichtweisen, ihnen gut zuzuhören, bildet dabei eine gute Vertrauensbasis.

Grenzen ziehen ohne Bevormundung – eine Gratwanderung

Bei Streits werden Grenzen ausgelotet. Sich mit Erwachsenen zu streiten, ist in der Pubertät absolut notwendig. Ob es nun um Mithilfe im Haushalt oder zu spätes Heimkommen geht – Grenzen sind in dieser Zeit absolut notwendig. Starke Toleranz oder ein Fehlen von klaren Regeln bieten keine Möglichkeit für Reibung und Streit. Aus diesem Fehlen von Grenzen entspringen Provokationen der Jugendlichen, z. B. Alkohol – oder Drogenmissbrauch.
Regeln bieten Orientierung und Halt in dieser Zeit – so altmodisch das auch klingen mag. Strafen, Verbote und Bevormundungen führen jedoch zu Trotz oder sogar Aggression. Damit erreichen Eltern oft eher das Gegenteil von dem, was sie sich wünschen.
Die Gratwanderung zwischen Grenzen ziehen und Bevormundung ist keine leichte Aufgabe für die Eltern. Sie dürfen Grenzüberschreitungen nicht einfach hinnehmen, um nicht ihre Glaubwürdigkeit zu verlieren. So müssen Konsequenzen bei Regelübertretungen den Jugendlichen bekannt sein.
In seinem Buch "Pubertät – Loslassen und Haltgeben" beschrieb Jan-Uwe Rogge, wie eine Mutter einen „Zaubersack“ für das Schuh-Chaos ihrer pubertierenden Söhne einsetzte. Wenn Schuhe nach zweimaliger Aufforderung nicht weggeräumt waren, verschwanden sie für eine Woche in einem einfachen Sack. Das ging so weit, bis die Söhne merkten, dass sie keine Schuhe mehr hatten, um zur Schule zu gehen. In diesem Moment stellt sich eine Einsicht bei den Söhnen her. Denken Sie als Eltern über solche einfachen wie wirkungsvollen Methoden nach.

Weiterführende Literatur: Jan-Uwe Rogge: „Pubertät – Loslassen und Haltgeben“, Rowohlt, 2001

Bildquelle: Erziehung in der Pubertät